Dienstag, 25. August 2015

Eine Ansammlung von Banalitäten

Wiesbaden . Anlässlich der Ausstellung "The Phenomenon of Consciousness - Retrospektive" mit Arbeiten von Ricarda Peters las die Malerin in den Räumen des Kunsthauses Einträge aus ihrem Tagebuch. Über einen Zeitraum von 40 Jahren hielt die Künstlerin Erlebnisse und Erfahrungen schriftlich fest.

Hommage an Emilio Vedova

Vornehmlich die Aufenthalte in Venedig, das ihr zur zweiten Heimat wurde. Besonders großen Raum nehmen dabei ihre Begegnungen, Gespräche und Inspirationen mit Emilio Vedova ein. Das Zusammentreffen mit dem italienischen Maler in der Sommerakademie in Salzburg Mitte der 60er Jahre prägte die Kunst und das Kunstverständnis der Wiesbadenerin. Sie wurde seine Meisterschülerin und folgte ihm als seine Assistentin nach Venedig. Die Ergebenheit und Anbetung des großen Vorbilds und Mentors schimmerte durch jede Zeile der schriftlichen Erinnerungen. Ihre eigenen Wege und die Schilderung ihres Schaffens und ihrer Kunstauffassung treten fast völlig in den Hintergrund.

Mag Ricarda Peters eine gute Malerin sein, eine gute Schreiberin ist sie nicht. Was da über 90 Minuten lang auf das Publikum des gut besuchten Kunsthauses niederprasselte, war eine Ansammlung von Banalitäten, aneinandergereihten Ansätzen von philosophischen Gedanken und Auslegungen. Selbstverliebt und von sich überzeugt, verlas die Malerin ohne Erklärungen und Kommentare pompöse Wortgebilde, die, hätten die Zuhörer die Möglichkeit gehabt, das Gehörte zu hinterfragen, zu analysieren, wie Seifenblasen geplatzt wären.

Ein Tagebuch ist ein Medium, in dem man entweder seine geheimen Gedanken und innersten Gefühle festhält, momentane und spontane Erlebnisse niederschreibt, um sie der Vergessenheit zu entreißen, sich und seines Lebens bewusst zu werden oder ein von Anfang an für die Öffentlichkeit konzipiertes literarisches Werk. Beides ist das venezianische Tagebuch von Ricarda Peters nicht. Es enthält kaum persönliche, intime Eintragungen, aus denen Stimmungslage, Zerrissenheit oder Zweifel an der eigenen Kunst, am eigenen Schaffen formuliert sind, hat aber auch keine literarische Qualität, die ein Lesen oder Weiterlesen bewirken würde.

Was bleibt, ist eine Hommage an Venedig, das die Künstlerin vom ersten Besuch an besoffen machte, den Maler Vedova und die Erzählung einer niemals endenden Meister-Schülerinnen-Beziehung. Um ein Lieblingswort der Malerin zu verwenden: Es manifestierte sich wenig.

Wiesbadener Kurier Rheingau vom 25.08.2015, Seite 20