Samstag, 5. Mai 2007

Gruselfans unterm Goethestein

Kulturtage: Krimineller Spaziergang durch Frauenstein
Zum ersten Mal lädt Frauenstein zu seinen Kulturtagen ein.

Diesmal zog der Frauensteiner Journalist und Autor Richard Lifka zahlreiche Gruselfans zum Goethestein, dem Startpunkt seines "kriminellen Spaziergangs" durch den Stadtteil. Ehrengast war der Dichterfürst selbst.
Nicht unter einem beliebigen Motto stehen die unterschiedlichen Veranstaltungen der Initiative Frauenstein und des Ortsbeirates. Meist wird zu Ehren von Johann Wolfgang von Goethe eingeladen, denn der Bau des Goethesteins hoch über dem Stadtteil, der zum einhundertsten Todestag des berühmten Gastes Frauensteins errichtet wurde, jährt sich in diesen Tagen zum 75. Male. Grund genug, sich nicht allein an den Besuch des Geheimrates im Juli des Jahres 1815 auf dem "Spitzen Stein" hoch über der Ortschaft zu erinnern, sondern auch den Bau des schmalen, leicht pyramidenförmigen Monuments an Goethes Ausflugsziel wieder aufleben zu lassen. Krimiautor Richard Lifka sollte dies sogleich in äußerst spannender Art versuchen.Zuvor ließ der Schriftsteller Goethe selbst ans Mikrofon. Mit "hier bin ich Mensch, hier darf ich´s sein", begrüßte dieser alias Andreas Döbelin in Perücke, samtenem Gehrock und Kniebundhosen seine rund zwei Dutzend Zuhörer und erinnerte an die Rast des Dichters hoch über den Dächern Frauensteins mit herrlichem Blick über das Rheintal bis hinüber in die Pfalz, an dem sich nach beinahe zwei Jahrhunderten nichts geändert hat.
"Ich bin nicht ganz so groß wie Goethe" erklärte Kollege Lifka alsbald bescheiden und schraubte das Mikrofon an seinem Ständer um einige Zentimeter nach unten. Sein erstes Thema habe er allerdings nicht allein am Frauensteiner Goethestein spielen lassen, sondern dem ersten Erfolg des Dichterfürsten entlehnt. Ebenso wie in dessen "Leiden des jungen Werthers" habe hier ein junger Frauensteiner seine Liebste an einen Konkurrenten verloren und berichte einem Freund von der anderen Rheinseite nun in ebenso herzzerreißenden wie grausamen Zeilen von seinem Leid.
Fünf Jahre ist Lifkas Szenario her. Frauenstein feierte gerade das siebzigjährige Bestehen des Monumentes auf dem "Spitzen Stein", als ein Mainzer Literaturwissenschaftler, der die Festrede zur offiziellen Feierstunde halten soll, auf drei merkwürdige Briefe stößt. Anfang 1931 spielt der erste des Trios. Neben allerlei deutscher und auch Frauensteiner Zeitgeschichte finden sich die Liebesqualen eines jungen Dorfbewohners, der seine Anna an den Baumeister des Goethedenkmals verloren hat. Selbstmordphantasien fabuliert der liebestolle Frauensteiner in seinem zweiten Brief, den er zehn Monate später verfasst. Nun ist die Angebetete verlobt und der Verschmähte empfindet nur Abscheu, wenn er an ihren Zukünftigen denkt.
Ein Gefühl, welches der mit dem Bau des Monumentes hoch über Frauenstein beauftragte junge Mann in seinem dritten Schreiben noch näher beschreibt. Zudem plagt ihn nun sein schlechtes Gewissen, denn Annas Zukünftiger ist verschwunden, vermeintlich in Amerika, doch vielmehr wohl tief unter dem Goethestein, in dessen Fundament aus Beton zu finden.
Wem beim Anblick des vier Meter hohen Denkmals nun bereits das Blut in den Adern gefror, sollte an der nächsten Station der kleinen Reise durch das Dorf noch sein kriminelles Wunder erleben, denn nun beschwor Lifka im Rahmen seines "Armen Ritters" unter der Burg ein derart blutiges Szenario herauf, dass es seinen Zuhören ganz rot vor Augen werden sollte. Schnell gings nun noch zur "Blutlinde" an der Kirche, denn dort wartete der zweite Teil der gruseligen Geschichte rund um den jungen Frauensteiner Müllarbeiter Siegfried, der aus verschmähter Liebe und gekränkt vom Freund der Angebeteten erst die beiden grausam dahin metzelt und dann sich selbst vom Burgfelsen stürzt.