Samstag, 27. April 2013

27. April 2013

Wiesbaden persönlich

5 Wenn über 200 Krimi-Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Gipfeltreffen der Branche, der "Criminale", zusammenkommen, sind stets auch "Dostojewskis Erben" aus Wiesbaden darin verwickelt. In diesem Jahr war Bern Schauplatz des viertägigen Literaturfestivals mit rund 100 Lesungen. Die Krimi-Hochburg Wiesbaden vertraten unter anderem (v.l.): Karsten Eichner , Alexander Pfeiffer , Richard Lifka , Almuth Heuner und Michael Kibler .

Interesse an denen neben der Spur

 

Von Richard Lifka
WIESBADEN . Die Regisseurin und Filmemacherin Stella Tinbergen erhält in diesem Jahr das Christa-Moering-Stipendium der Stadt Wiesbaden, das seit 2009 jährlich zu Ehren der Wiesbadener Ehrenbürgerin in wechselnden Sparten vergeben wird.
Voraussetzung für die Verleihung ist, dass der Wohn-, Arbeits- oder Geburtsort der Künstlerin oder des Künstlers Wiesbaden ist. Mit dem Preisgeld von 5000 Euro sollen die künstlerischen Leistungen geehrt und die weitere künstlerische Entwicklung gefördert werden. Nach den Sparten Bildende Kunst (Nicole Ahland), Tanz (Desirée Lehmann-Carpzov Alvarez) und Schauspiel (Franziska Werner) wurde im letzten Jahr das Bewerbungsverfahren in der Sparte Film ausgeschrieben.
Nun hat die Jury entschieden und Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz zu einer Pressekonferenz ins Rathaus eingeladen, um die Preisträgerin vorzustellen. Die in Wiesbaden geborene und lebende Stella Tinbergen bewarb sich mit einem Exposé zu dem Dokumentarfilm "Hanna Bekker vom Rath - Botschafterin der Kunst" und reichte als "Arbeitsprobe" den Film "Otto Ritschl - Das Leuchten der Farben" ein. "Mich interessieren vor allem Menschen, die nicht in der Spur sind. Starke, mutige Menschen", schilderte die Filmemacherin die Auswahl der Persönlichkeiten, über die sie eine Dokumentation macht oder machen will.
Genauso eine Person sei Hanna Bekker von Rath gewesen. Die 1893 in Frankfurt geborene Malerin, Sammlerin und Kunsthändlerin hätte sich ihr Leben lang für die Förderung von Künstlern eingesetzt. So habe sie im Nationalsozialismus heimlich Ausstellungen von verbotenen Malern organisiert oder in den 50er Jahren den Expressionisten Ludwig Meidner aus einem Altersheim geholt und ihm ein Haus zur Verfügung gestellt.
Nimmt man zu dem Film über Otto Ritschl und den über Hanna Bekker von Rath noch den Dokumentarfilm über Marianne von Werefkin hinzu, so wird die Vorliebe Tinbergens nicht nur für die Malerei deutlich, sondern es zeigt sich auch immer ein Bezug zu Alexej Jawlensky und so wieder nach Wiesbaden.
Wie Stella Tinbergen sich ihren Figuren nähert, wie sie die verschiedenen Facetten und die Entwicklung einer Persönlichkeit aus verschiedenen Blickwinkeln filmisch herausarbeitet, beeindruckte die Jury sofort und sprach ihr deshalb den Preis zu. Die Kulturdezernentin versprach, dass zur offiziellen Preisverleihung im Herbst der Film "Hanna Bekker vom Rath - Botschafterin der Kunst" im Caligari zu sehen sein wird.

Wiesbadener Kurier Stadtausgabe vom 27.04.2013, Seite 21