Montag, 23. Mai 2011

Sonnenkönig Rezension

 

Veröffentlicht von anica am April 27, 2011

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Wir alle kennen – nicht nur aus der jüngeren Vergangenheit – die großen Schlagzeilen zum Thema Unterschlagung, Geldwäsche, Erpressung, Entführung oder gar Mord zur Vertuschung. Richard Lifka widmet sich ausführlich all diesen Themen und verwebt sie in einem dichten Geflecht aus Einzelschicksalen, die sich langsam und allmählich immer enger mit einander verknoten. Der erfahrene Krimiautor Lifka zieht alle Register seiner Kunst, um den Leser bei der Stange zu halten und versteht es immer wieder eine unerwartete Wendung einzusetzen.

Sonnenkönig

Die Handlung wird mehr oder weniger von fünf Figuren getragen. Dem Privatdetektiv Ninus Hagen, der Feme fatale et fragile Carla Cosian, dem Kaffee liebenden Hauptkommissar Wanninger (auch Beppo genannt), der rothaarigen Journalistin Lena Rotmilch sowie dem diabolisch, sich selbst als Sonnenkönig bezeichnenden Andrej Rolozko. Man wird als Leser mitten in die kriminellen Geschehnisse der Medienwelt Wiesbadens geworfen. Dort muss man sich erst einmal zurecht finden, was sich angesichts der Fülle an Charakteren und Sprüngen in der Handlung etwas schwierig gestaltet. Nach dem der Autor notdürftig die ersten Orientierungspunkte gegeben hat, rast auch schon der D-Zug von Episoden los.

In kurzen Momentaufnahmen führt der Erzähler an einem dünnen roten Faden durch die Handlung. Die Erzählgeschwindigkeit nimmt immer mehr zu. So hastet man von Morden, Entführungen und Erpressungen zu wilden Schießereien an den anheimelnden Orten rund um Wiesbaden und Frankfurt (Main). Die dramatischen Ereignisse finden immer wieder Ruhemomente, die bereits den nächsten explosiven Schlag oder die unglaubliche Enthüllung einer vergangenen Verstrickung zutage befördert.

Der Roman „Sonnenkönig“ macht es dem Leser zwar nicht leicht hineinzufinden und die einzelnen Episoden – die teils inhaltlich teils chronologisch sprunghaft wechseln – in ein sinniges Gesamtgefüge zu ordnen. Doch nachdem ersten Kapitel bricht dieser Staudamm und die Handlung fließt rasend schnell vor sich hin. Die Dynamik der Ereignisse nimmt immer mehr zu und überrascht mit unerwarteten Wendungen und Zusammenhängen, die manchmal bereits angedeutet waren doch meistens unvorhergesehen waren. Lifka gelingt es immer wieder, in einer betont schnörkellosen Art eine Geschichte um Macht, Geld, Gier und große Emotionen zu erzählen, die an keiner Stelle aufgesetzt wirkt. In überzeugenden – weil authentisch wirkenden – Sequenzen schafft er streckenweise sogar tiefgründige Charaktere, deren Handeln nicht immer logisch, doch aber menschlich ist. Der Autor gibt uns viele Gesichter zu seiner Handlung. So schafft er dem Leser immer wieder die Ruhepausen, die rasante Handlung Revue passieren zu lassen und erleichtert ihm so, dem Geschehen zu folgen. Lifka kann nicht nur dieses Tempo sondern auch die Spannung durchweg halten und enttäuscht den Leser nur äußerst selten.

Fazit

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Fazit

Alles in allem ist „Der Sonnenkönig“ ein sehr unterhaltsamer Roman, der durch seine deutlichen Bezüge zu realen Orten in Deutschland sich eine einzigartige Authentizität verschafft und vermitteln kann. An einigen Stellen erscheint das Geschriebene zwar karikaturenhaft, wie zum Beispiel die Namenswahl der Charaktere, oder oft eher typisierende Beschreibung der Nebencharaktere wie Kordula Crown. Definitiv ist der Roman eine gelungene Unterhaltungslektüre und ideal für alle längeren Zugfahrten.

Gesamtwertung

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70

 

Donnerstag, 12. Mai 2011

Lifka/Pfarr Beatles-Krimis

Hilfe! 10 Beatles-Krimis

Hilfe! 10 Beatles-Krimis

ERSCHEINT AM 31. MAI!

Christian Pfarr/Richard Lifka

Wussten Sie als Beatles-Fan schon –

– in welcher Gefahr Ringo Starr damals bei den Dreharbeiten zu Help! schwebte? (Hilfe!)

– woher Pauls Inspiration zum Welthit Yesterday stammte? (Vorgestern)

– wie der Diebstahl des berühmten Jumbo von George das Leben von zwei kleinen Jungs total veränderte? (Beichtgeheimnis)

– welcher Maxwell den Hammer tatsächlich schwang? (Max aus Silberhammer)

– wer bei Johns Ermordung noch die Finger im Spiel hatte? (Stell dir vor)

– wer die einmalige Pilzkopf-Frisur wirklich erfunden hat? (Ein Tag im Leben)

– wie viele Verbrechen man während der 23 Sekunden von Her Majesty begehen kann? (Idseschdem röh)

Kenntnisreich kombinieren Lifka/Pfarr ihr umfangreiches Wissen von Leben und Werk der Beatles mit Krimihandlungen, die so bizarr, spannend, überraschend oder witzig sind, dass man nur warnen kann:

Die Krimihandlung und fast alle Personen sind völlig frei erfunden, eventuelle Ähnlichkeiten sind jedoch nicht immer rein zufällig …

Für viele Leserinnen und Leser werden die 10 Beatles-Krimis von Hilfe! auch zu einer Reise in die eigene Vergangenheit, nämlich in das Lebensgefühl der 60er-, 70er-Jahre – eine Magical Mystery Tour.

ISBN 978-3-942291-24-8, 160 S., Klappenbroschur, 2011

ERSCHEINT AM 31. MAI!

Die Autoren:
Richard Lifka (*1955) wuchs in Wiesbaden auf, wo er, mindestens bis er 64 ist, auch weiterhin wohnen möchte. Im Januar 1968 wurde ihm die Single-Schallplatte einer langmähnigen Musikgruppe aus Liverpool geschenkt, auf deren B-Seite jemand meinte, er sei das Walross. Um diesen Text zu verstehen, studierte er später Politik, Geschichte und Soziologie in Mainz und Frankfurt am Main und es hat gewirkt: Bis heute blieb er beharrlicher Fan der englischen Pilzköpfe. Seine Frau lernte er beim siebenminütigen Bluestanzen zu Hey Jude kennen. Von 1983 bis 1989 brachte er als Dozent an der Universität in Iasi/Rumänien den Studenten Literaturwissenschaft und deutsche Kulturgeschichte näher. Gerüchten zufolge seien in dieser Zeit mehrmals Lieder wie Come together oder Revolution No. 9 im ehrwürdigen Universitätsgebäude zu hören gewesen, was den rumänischen Geheimdienst Securitate veranlasste, Mikrofone in den Hörsälen zu installieren. Seit 1990 ist Richard Lifka selbstständig als freier Autor und Journalist, Mitglied in der Autorengruppe deutschsprachiger Krimiautoren Das Syndikat und im DVPJ (Deutscher Verband der Pressejournalisten). Wenn er nicht gerade Paperback Writer hört, schreibt er Kriminalromane, Erzählungen und Kurzkrimis, leitet Schreibwerkstätten oder organisiert das Wiesbadener Krimistipendium Trio Mortale. In seinem letzten Kriminalroman Sonnenkönig hat er einen Privatdetektiv kreiert, der zwar auch auf Led Zeppelin steht, aber auch dessen große Liebe sind und bleiben die Beatles.

Christian Pfarr wurde 1959 in Hanau geboren, in dessen Umland seinerzeit Unteroffizier Elvis Presley im Auftrag der US-Army für Sicherheit und Rock’n’Roll sorgte. Aufgewachsen ist Pfarr im unterfränkischen Alzenau; dort hatte er auch seine erste Begegnung mit den Fab Four: Die ältere Cousine hing sich auf dem Höhepunkt der Beatlemania 1964/65 einen kleinen Plastik-Beatle an das Wirbelbrett ihrer Wandergitarre. Er begann sich altersbedingt erst in dem Moment für Rockmusik zu interessieren, als sich die Beatles gerade aufgelöst hatten und darf deshalb eigentlich gar nicht mitreden. Tut es aber trotzdem, denn das Studium der Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Publizistik in Mainz, mit einer Magisterarbeit über Santana zum Schluss, befähigte ihn für musikjournalistische Tätigkeiten bei Mainzer Tageszeitungen, später beim Südwestfunk und seit 1998 beim Radiosender SWR1, der zwar nicht nur Beatles-Songs spielt, aber fast ausschließlich Musik, die es ohne die Beatles gar nicht geben würde (oder die zumindest ganz anders klänge). Schrieb Sachbücher und Songtexte, Theaterstücke und Erzählungen, darunter immer wieder Krimis und Krimiähnliches. Betätigt sich auch als Komponist, geht aber auf diesem Gebiet einer direkten Konkurrenz mit den Beatles aus dem Weg. Zuletzt veröffentlicht: Märchen, Verbrecher und Füchse. Drei Geschichten nicht ganz nach den Brüdern Grimm bei Lermann/Mainz 2010.

Leseproben:
I read the news today, oh boy
About a lucky man who made the grade

„Als auch noch George den Löffel abgab, musste ich handeln. So langsam sterben mir die Zeugen weg. Die Welt soll endlich erfahren, wie es wirklich war. Seit vierzig Jahren behaupten sie, Astrid sei es gewesen. Das ist glatt gelogen, stimmt einfach nicht.
Ich hatte die Idee. Die alten Griechen und Römer oder auch dieser Schauspieler Jean Marais waren meine Vorbilder. Die Deutschen hatten doch noch immer diesen Hitler-Schnitt drauf. Ausprobiert haben wir die neue Frisur zunächst an Stuart. Ich weiß es noch wie heute. In Paris, in einem Hotelzimmer. Paul hat rumgezickt und John hat vor dem Spiegel einen Lachanfall nach dem anderen bekommen.“
Er schiebt den Vorhang langsam zur Seite. ‚Am Brunnenhof’ fahren Polizeiautos vor, Streifenwagen mit blinkendem Blaulicht und Transporter des MEKs. Im Haus gegenüber laufen maskierte Scharfschützen die Treppen hinauf. Auf dem Dach, hinter den Schornsteinen, erkennt er ausgerichtete Gewehrläufe. Er lässt den Vorhang wieder los und schlurft auf die kleine, geflieste Dachterrasse auf der anderen Seite der Wohnung. In der Paul-Roosen-Straße das gleiche Bild. Aber das interessiert ihn nicht. Denn von hier aus blickt er direkt in das Zimmer! Das Zimmer im ersten Stock, über dem ehemaligen Bambi-Kino.
(aus: Ein Tag im Leben, in: Lifka/Pfarr, Hilfe! 10 Beatles-Krimis)

Pete war mit seiner Beatles-Tribut-Gruppe The ReLennon Band kurz nach der Wiedervereinigung nach Neuruppin zu einem Konzert gekommen. Nancys Mutter Julia, die zu dieser Zeit - mauerbedingt etwas verspätet - ein hysterischer Fan englischer Rock- und Pop Gruppen war, hatte sich, in Ermanglung des Originals, unsterblich in die Lennon-Imitation verliebt. Als dann aus den Lautsprechern Julia, Julia, morning moon, touch me erklang, war es um sie geschehen. Flugs zog sie ihren Schlüpfer aus und schleuderte ihn Pete vor die Füße, ganz so, wie sie es in alten Ausgaben der ‚Bravo’ gelesen hatte. Pete Magil ließ sich nicht zwei Mal bitten, schleppte die wie auf Wolken schwebende Julia ab und vertrieb sich mit ihr die öde Hotelzimmernacht. Am nächsten Morgen tourte die Band weiter. Julia hatte bei dem Rockmusiker anscheinend keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, jedenfalls meldete er sich nicht mehr.
Umgekehrt war die Impression stärker gewesen und erblickte neun Monate später in Form von Nancy das brandenburgische Licht der Welt. Julia hatte irgendwann Magils Adresse ausfindig gemacht und ihm geschrieben. Nachdem Julia ihm beteuert hatte, dass sie keine finanziellen Ansprüche stellen würde, hatte er die Vaterschaft anerkannt, die sich dann auch lediglich auf Postkarten und Briefe von irgendwo aus irgendeinem Land beschränkte. ‘Dear Nancy …’
Seit ihrem 16. Geburtstag hatte Nancy nichts mehr von Papa Pete gehört, aber der Name Nancy war geblieben. Julia hatte nie wieder für einen Mann den Schlüpfer ausgezogen und ihm vor die Füße geworfen. Sie hatte sich in einen anderen Kerl verliebt, einen Schotten namens Johnny Walker.
(aus: Waschbärenjagd, in: Lifka/Pfarr, Hilfe! 10 Beatles-Krimis)

Sonntag, 8. Mai 2011

Mord vor Ort

05.05.2011 - WIESBADEN

KRIMI-STIPENDIUM Drei Schriftsteller sind im Literaturhaus eingezogen

VB). Ein Hühner-Blutbad in der Küche, ein Mordplan bei Instant-Kaffee und in der Dunkelheit aufblendende Scheinwerfer - zum Willkommen der drei neuen Krimi-Stipendiaten im Literaturhaus las Kulturdezernentin Rita Thies aus den Anfängen dreier Romane.

Welche Motive jeweils zu den Büchern Brigitte Glasers, Beate Maxians und Rainer Würths gehören, müsste bis zum Ende ihres vierwöchigen Aufenthalts in der Stadt geklärt sein. Brigitte Glaser legt die kulinarischsten Titel vor, der Tod hat einen festen Platz auf den Covern der Romane Beate Maxians, und Rainer Würth deckt als Journalist und Autor kommunale Sumpfgebiete auf. Ob er da auch in Wiesbaden Anlass und Gelegenheit findet? Jedenfalls ist das Stipendium verbunden mit der Auflage, vor Ort einen Kurzkrimi zu schreiben. Vielleicht folgen sie im Begleitprogramm (von Richard Lifka für sie zusammengestellt), auch der Empfehlung der Dezernentin, in die Unterwelt der Wasserkanäle der hessischen Landeshauptstadt einzutauchen.

Zu Vorstellung der drei Autoren am Dienstagabend aber bleiben sie vorerst auf der Beletage der Villa Clementine, wo sie unterhalb der gerade bezogenen Atelierwohnungen in Empfang genommen wurden.

Was sie vom Aufenthalt in Wiesbaden erwarten - nachdem die in Österreich aufgewachsene Beate Maxian hier noch keine richtigen Semmeln entdecken konnte? Sie will sich dann eben von anderem „überraschen lassen“ und ebenso wie Rainer Wühr ein „Flaneur-Dasein genießen“, während Brigitte Glaser Wiesbaden als „schicke Stadt, weiß und sauber“ in Erinnerung behalten hat und jetzt einfach mal schauen will, „was passiert“.

Alle drei freilich wollen sich mit den Wiesbaden-Krimis ihrer Vorgängerinnen und Vorgänger beschäftigen - damit sie die Motive aus der Unterwelt der Stadt nicht doppeln.

 

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Die Trio Mortale-Krimi-Stipendiaten Brigitte Glaser, Beate Maxian und Rainer Würth im Literaturhaus (von links). Foto: RMB/Heiko Kubenka