Donnerstag, 27. Oktober 2011

Immerwährender Balanceakt

VORTRAG Über die Sprache in den Printmedien
Vom 27.10.2011
Von Richard Lifka

Wiesbaden. In ihrer Themenreihe "Sprache und Medien" hatte die GfdS Dienstagabend zu einem Vortrag über die Sprache der Printmedien eingeladen. Wer sei besser dafür geeignet als Viola Bolduan, so Lutz Kuntzsch, Mitarbeiter der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), der die Gäste im voll besetzten Literaturhaus begrüßte und die Leiterin der Feuilletonredaktion des Wiesbadener Kurier vorstellte.

Wer einen trockenen, wissenschaftlichen Vortrag erwartet hatte, sah sich enttäuscht. Wohl strukturiert, locker, manchmal humorvoll, referierte Bolduan, was die Sprache einer Tageszeitung ausmacht, was sie beeinflusst, wie und warum sie so aufs Papier gelangt, wie wir sie jeden Morgen zu lesen bekommen. Aus zwei Quellen fließe das zusammen, was den Zeitungsartikel ausmacht. Die von "außen" eintreffenden Mitteilungen, wie offizielle Verlautbarungen oder Meldungen der Presseagenturen, sind in deren eigenen Sprachgebrauch verfasst, genauso wie die von "innen" kommenden Beiträge der freien Mitarbeiter/innen und der Redakteure/innen. So vielfältig jene Texte seien, so unterschiedlich sei auch der jeweilige Sprachstil, bedingt von den Voraussetzungen im Kopf des schreibenden Individuums, wie von der behandelten Thematik. All dies komme in der Redaktion zusammen und treffe auf das Format Zeitung.

Einerseits muss alles layouttauglich sein, die klar umrissenen Grenzen einhalten, wie Seitenaufteilung, Zeilenanzahl, Überschriften, Bilder usw., andererseits dem Anspruch allgemeiner Verständlichkeit genügen. Ein immerwährender Balanceakt zwischen dem Gesamterscheinungsbild des Mediums, dem Selbstverständnis des einzelnen Schreibenden und natürlich dem Bedürfnis der Leserschaft. Zeitung ist Kommunikation: Nur wenn beide, Schreiber und Leser, eine gemeinsame Sprache haben, verstehen sie sich. Anschaulich berichtete Viola Bolduan, wie diese Akrobatik im Redaktionsalltag vonstattengeht.

Fehler unvermeidlich

Jeder von außen kommende Artikel muss redigiert, der eigene geschrieben werden. Wobei ein kontinuierliches Arbeiten kaum möglich sei. Telefonate, Konferenzen und Außentermine sind nahezu gleichzeitig zu bewältigen. Und über allem schwebe die Unausweichlichkeit des Redaktionsschlusses. Dass dabei Fehler geschehen, sei unvermeidlich. Sie hätten hauptsächlich ihren Ursprung im Arbeitstempo für das Tagesprodukt Zeitung. Man benutze zwar hochwertige Grafik- und Korrekturprogramme, allerdings könnten sie (noch) nicht denken.

Dem mit viel Applaus bedachten Vortrag folgte eine engagierte Diskussion, in der es, wie zu erwarten, auch um die Verwendung von Anglizismen und Modewörtern ging. Hier bezog Bolduan klar Stellung. Da Sprache lebt und sich verändert, muss das Printmedium diese Veränderungen aufnehmen und dabei einen Stil finden, der allgemeinverständlich ist und alle Gesellschaftsgruppen erreicht.