Freitag, 16. Mai 2008

Die lakonische Erzählung einer Existenzvernichtung

Annette Pehnt las im Museum aus ihrem Roman „Mobbing“
Von Richard Lifka

Zwischen „Schwalbenflug der Sonne entgegen“ und „In der Weltkugel gefangen“, Bildern der Malerin Rebecca Horn, saß die diesjährige Inhaberin der „Poetikdozentur: junge Autoren“ der Wiesbadener Fachhochschule Annette Pehnt und stellte ihren Roman „Mobbing“ vor. Da das Literaturhaus wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist, wurde die Veranstaltung ins Museum verlegt. Atmosphärisch und optisch sicherlich ein Genuss, akustisch eine Qual. Trotz Mikrofon und Verstärkeranlage (oder gerade deswegen?) flogen viele Wörter und Sätze vielleicht der Sonne entgegen, aber nicht in die Gehörgänge der vielen Besucher. Das war schade, denn die Autorin hatte viel zu erzählen, animiert durch sehr gezielte Fragen der gut vorbereiteten Moderatorin Shirin Sojitrawalla. Das Gespräch machte deutlich, warum das aktuelle Werk der in Köln geborenen Autorin, in der Kritik so unterschiedlich aufgenommen wurde. Einerseits beteuerte Pehnt, dass die Distanz zum Thema große Bedeutung habe, um ordentlich mit der Sprache umgehen zu können, andererseits gestand sie, dass sie selbst mit einem Fall von Mobbing in der eigenen Familie konfrontiert worden sei, auch noch während der Arbeit an diesem Buch. So erinnert eine Kritikerin der „Zeit“ „Mobbing“ eher an einen Ratgeber als an die „Sphäre überlebensfähiger Prosa“, wohingegen in der „FAZ“ zu lesen war: Erst bei aufmerksamer Lektüre bemerkt man, die „subtile Raffinesse, mit der Pehnt hier schreibt“. Genau diese Widersprüchlichkeit macht das kleine Büchlein so interessant. Durch die subjektive Sichtweise, nicht des Mobbing-Opfers, sondern dessen Ehefrau und den unspektakulären Erzählstil, bleibt das Thema in der Schwebe, auch über den Schluss hinaus. All unser Wissen stammt vom Opfer. Von ihm erfahren wir, warum es sich gemobbt fühlt. Glauben wir ihm? Die vorgelesenen Passagen verdeutlichten jedenfalls sehr eindrucksvoll, wie dieses Phänomen unserer modernen Gesellschaft die Betroffenen zerstören und Familien vernichten kann.
Info: Annette Pehnt: "Mobbing", Piper Verlag, 160 Seiten, 16,90 Euro