Mittwoch, 6. Juli 2011

Mord mit Silberhammer

06.07.2011

Von Björn-Christian Schüßler

BEATLES-GESCHICHTEN „Hilfe!“ - Zehn Kurz-Krimis von Christian Pfarr und Richard Lifka

Für Experten ein Hochgenuss: Zehn Beatles-Krimis sind im rheinhessischen Leinpfad-Verlag unter dem Titel „Hilfe!“ erschienen. Über die Liverpooler wurde seit ihrem kometenhaften Aufstieg Mitte der 60er Jahre irrsinnig viel geschrieben. Zu Recht, weist man der Musik von Paul, George, John und Ringo doch eine Mischung aus Frechheit, Genialität und Karma zu. Ähnliches Lob haben sich auch die Autoren der jüngsten Huldigung der vier Pilzköpfe verdient. Denn der Mainzer Christian Pfarr und der Wiesbadener Richard Lifka, in der Krimi-Szene besser bekannt als Elka Vrowenstein, haben mit ihrem gemeinsamen Werk ein geniales Händchen für Literarisches und Fachwissen über eine herausragende Band bewiesen.

Die Musik der Briten zeichnete von jeher eine enorme Bandbreite und Vielseitigkeit aus, die während ihrer Wirkzeit ihresgleichen suchte. Daran anlehnend greifen auch Pfarr und Lifka zu vielfältigen Schreibstilen und mannigfachen bunten Ideen, um im Umfeld der „Fab Four“ (fabelhaften Vier) Kriminalgeschichten geschehen zu lassen. Ob als Brief getarnt, im dramatischen Dialog, als Beichtgespräch oder mit plötzlichem Perspektivwechsel - die Form prägt, lenkt auf die Handlung und von der Erwartung an die großen Musiker ab, indem sich die Autoren der enormen Vielfalt auch noch bedienen. Und genau das macht das vorliegende Buch so speziell und interessant. Nur in kleinen Häppchen werfen die Beatles-Fans Detailwissen über ihre Idole in ihre Geschichten. Gerade genug, um Experten mit der Zunge schnalzen zu lassen. Aber zu wenig für Beatles-Anfänger, um weitergehendes Interesse zu unterfüttern. Leider ist auch der Plot in einzelnen Geschichten ein bisschen dünn.

Während Shirley Smith in der Episode „Vorgestern“ eine ausgeklügelte Argumentationskette zur Entstehung von Paul McCartneys „Yesterday“ von Mendelssohn-Bartoldy bis Benjamin Disraeli aus dem Hut zaubert, wirkt der Zufall, dass ein verstorbener Vater vor 50 Jahren genau den Erzeuger eines heutigen Pfarrers erstochen hat, bei dem sein Sohn gerade die Beichte für den Verblichenen ablegt, wenig glaubwürdig, ja geradezu laienhaft konstruiert. Allein, dass es bei der Tat um die Vertuschung eines Diebstahls der legendären „Jumbo“-Gitarre von John Lennon geht, hält hier die Spannung einigermaßen hoch.

Überraschungen positiver Art erlebt der Leser in Episoden wie „Die Ballade von Johannes“ oder „Max aus Silberhammer“, in denen die Autoren ganze Songs der Liverpooler Pilzköpfe zum Leben erwecken. Besonders in „Maxwell’s Silver Hammer“ kommt dem Mord mit dem Silberhammer so eine Bedeutsamkeit zu. Dabei scheuen sich Pfarr und Lifka auch nicht, heiße Eisen wie die Verfolgung von Vaterlandsverrätern im Dritten Reich anzupacken, um den Episoden eine kriminalistische Mächtigkeit zu verleihen, die die vier Jungs aus England gleichfalls durch ihre Songs erhielten. Für Beatles-Fans ist „Hilfe“ somit ein echter Lesetipp. Alle anderen rufen eher nach „Help!“

06.07.2011