Deutsch-Polnische Gesellschaft im Kulturforum: Literatur und Jazzmusik aus dem Nachbarland
Von Richard Lifka
WIESBADEN Sie endete mit einem Paukenschlag - die Veranstaltung der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Mainz-Wiesbaden (dpg). Das heißt, es waren eigentlich viele Paukenschläge, Trommelwirbel, Tamburinklänge, Wind- und Regengeräusche, die den literarischen Abend mit polnischer Lyrik und Prosa ausklingen ließen. Der Jazzmusiker Janusz Maria Stefanski war einer der Gäste, die die dpg mit Unterstützung des Kulturamts und der Hessischen Staatskanzlei zum Thema "Grenzen überschreiten - poetisch, provokant, polnisch" eingeladen hatte. Ein anderer angekündigter Gast, der in Poznania lebende Lyriker Mariusz Grzebalski hatte aus familiären Gründen kurzfristig abgesagt. Drei seiner Gedichte trug die Übersetzerin Agnieszka Kaluza im Original vor und der Moderator Reinhard Lauterbach die deutschen Übersetzungen. Die als surrealistische Provokationen angekündigten Gedichte hatten, für deutsche Ohren zumindest, wenig Aufrüttelndes: "Wir liegen auf dem Steg, ich schlafe fast, / du trägst eine lila Bluse / und das ganze Foto ist lila, ." (Stiefeletten in Orange) oder "Alles ist jetzt so famos und grandios / Auf dieser famosen und grandiosen Welt. / Alle sind so toll. Sogar der Tod, / fürchte ich, leuchtet mit dem Glanz der Geburt ..." (Famos und grandios). Worüber dann auch nicht mehr gesprochen wurde, weder vom Moderator noch später während der Fragerunde mit dem Publikum.
Ganz anders die in Berlin lebende Schriftstellerin Natasza Goerke, die gut gelaunt ihren Essay "Multigemüsecocktail" vorlas und sich köstlich amüsierte, wenn sie über schwer aussprechbare deutsche Wörter stolperte. Dies hatte Charme und lockerte die zunächst etwas steife Atmosphäre merklich auf. Angestoßen durch Natasza Goerkes Bemerkungen in der vorgelesenen Textpassage über die sich veränderten Klischees der Polen den Deutschen gegenüber und umgekehrt, drehte sich die Diskussion hauptsächlich darum, dass sich die Menschen beider Nationen viel ähnlicher sind, als sie es selbst wahrhaben wollen. Diese Bilder könnten nur durch einen regen (Kultur-)Austausch korrigiert werden, wie es an diesem Abend versucht wurde; und als Janusz Stefanski zusammen mit dem Publikum eine Klangkollage improvisierte, auch gelang. Da waren die Grenzen nicht nur überschritten, sondern ganz einfach verschwunden.